Das Musical atmet Franziskus' Geist

RAVENSBURG - Innerhalb von drei Tagen vier Mal die Oberschwabenhalle zu füllen, davon träumt wohl mancher Event-Veranstalter. 8500 Menschen sahen am Wochenende die Aufführung des Franziskus-Musicals. Ein authentischer Heiliger trat in ihr Bewusstsein.

Befragt, wie er sich als Star des Ravensburger Musicals fühlte, mag der Franziskus des 13.Jahrhunderts vielleicht so geantwortet haben: "Na ja, es war schon recht. Ihr habt mich gesungen, getanzt, gespielt und auch ein wenig gepredigt. Und so war ich ja wohl auch. Nur wenn ich mir eine kleine Kritik erlauben darf: Musste das Programmheft unbedingt in Hochglanzdruck sein? Aber nichts für ungut, ihr Kinder, ihr Buben und Mädchen, ihr Männer und Frauen, ihr habt es klasse gemacht: Unsern Gott zu loben und zu preisen in seiner wunderbaren Schöpfung."

Die Ravensburger Aufführung der Musikschule, des erweiterten VocalCollegiums und der Ballettschule Berna Uythof präsentierte ein Spiel, das franziskanischen Geist atmete: Eine Kostümierung, die der Schönheit der besungenen Schöpfung in nichts nachstand. Ein schlichtweg genial einfaches Bühnenbild, das mit 14 Tischen, 56 Stühlen und neun Pinien ganze Seelenlandschaften aufbaute. Ein erweitertes, 70-köpfiges Jugendblasorcherster, das mit seinem Dirigenten Harald Heppner eine verschworene Gemeinschaft bildete. Der warme, tiefe Klang einer Altflöte wagte sich leitmotivisch immer wieder an die Oberfläche der Klänge.

Ein VocalCollegium, das ganz und gar dienend auftrat: als Chor, solistisch, als Schauspieler und als diskreter Kulissenbauer. Ein Fest für die Augen das Ballett in verschiedensten Formationen. Ein Höhepunkt unter vielen: ein Pas de Deux von Bruder Tod und der Allegorie des Lebens. Die Angst trennt sie nicht mehr, sie finden zu einer bewegenden Harmonie. Bodo Klose, der Regisseur, der dem Geheimnis der Berufung des Franziskus nicht zu nahe trat: Im Traum erscheint dem verletzten Möchtegern-Ritter ein Ballett-Vöglein und zeigt ihm, dass er seinen Herrn wechseln muss.

Und natürlich die drei Hauptfiguren: die Klara des Mittelalters, mit der Franziskus eine tiefe Seelenverwandtschaft verband, die Claire des Jahres 2008 und Franziskus. Alle drei fanden zu ihrer Identität und zu ihrer Ausstrahlung durch ihre wunderbaren Stimmen. Auch von Franziskus weiß man, dass er, wenn er sich seinem Gott ganz nahe fühlte, sang. Seinen Sonnengesang, den er seinem todkranken Körper abrang, wollte er von seinen Brüdern gesungen wissen, sogar noch auf dem Totenbett.

"So fühlt sich der Herr an"

Die Ravensburger Aufführung des Franziskus-Musicals hatte zweifellos eine Botschaft an die Zuschauer. Franziskus bringt sie in seinem Naturlied so zum Ausdruck: "Ihr riecht doch die Bäume. So riecht unser Schöpfer. Ihr fühlt doch den Frühling. So fühlt sich der Herr an." Noch einfacher formuliert: "Man muss einfach leben". Für Franziskus gilt dieser doppelgesichtige Satz mit der Betonung auf "einfach" wie auf "leben". Einer hat diese Botschaft nicht kapiert: Bernardone, der reiche Vater des Franz. In allerfeinstes Tuch gekleidet ist er todunglücklich über seinen so missratenen Sohn. Seine Frau Pika hat mehr verstanden.

Schwäbische Zeitung, 31.03.2008

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